Meinen & Sagen

Der Klang des Charmes

Schöne Sprache, schöne Musik, schönes Land – warum nur hat Französisch so ein schlechtes Image? Eine Liebeserklärung von Mathias Brüggemeier


Quoi que je fasse, ou que je sois, rien ne t’efface, je pense a toi

Diese Zeilen stammen von dem französischen Chansonnier Jean-Jacques Goldman. Auf Deutsch bedeuten sie:

Was ich auch tun mag / wo ich auch bin / nichts löscht dich aus / ich denke an dich.“

Das wirkt kitschig, nicht wahr? Aber ich finde, auf Französisch klingt der Satz wundervoll – trotz und wegen gleich dreier Subjonctifs, eines grammatikalischen Modus, den es im Deutschen nicht einmal gibt. Muss man verrückt sein, um so etwas zu mögen? Mir gefällt das. Inzwischen.

Zugegeben, als Schüler fand ich Französisch schrecklich. Dabei ist es mir zunächst nicht einmal schwergefallen. Dass meine Noten bis auf Vier abrutschten, lag eher an meiner Vokabel-Lernfaulheit, und die konnte ich nicht dem Fach anlasten. Aber diese Aussprache! Dieses „Ö“ der Lehrerin hinter jedem zweiten Wort! Diese seltsame Melodie! Wie peinlich!

Französisch hat es schwer heute. Zu unrecht!

Wenn es eine Sprache gerade schwer hat, dann ist das Französisch. Englisch lernt eh jeder. Wer für sein Kind zudem besseren Umgang wünscht, wählt Latein. Und wer auf seine von Latinomusik geprägten Kinder hört, fordert Spanischunterricht (meist erfolglos, weil es zu wenig Lehrer dafür gibt). Aber Französisch? Das ist das Fach, das alle machen müssen und keiner will.

Wie schade. Denn in Frankreich ist man von hier aus viel schneller als in Spanien, wo die Leute zudem furchtbar schnell und unverständlich sprechen (im Gegensatz zu Südamerika, aber wann ist man da mal?). Im Unterricht merken die Schüler zudem bald, dass es den „Subjuntivo“ auch im Spanischen gibt – nur klingt er dort nicht so schön. Weil die Franzosen ihre Sprache lieben und pflegen. „En français“ kann man wundervoll schwurbeln, herrlich höflich sein, lustig flirten. Was im Unterricht noch aufgesetzt wirkt, ist schon nach einem längeren Urlaub vor Ort nicht nur normal, sondern sehr, sehr charmant.

A propos charmant:
Ich habe auch als Sprachanfänger die Franzosen nie unfreundlicher als, sagen wir, Franken oder Friesen erlebt. Und womöglich hätte mir als Schüler zu wissen geholfen, was ich erst später erfuhr: Franzosen – und Französinnen! – finden es durchaus niedlich, wenn jemand ihre Sprache mit deutschem Akzent spricht. Sie finden es manchmal sogar sexy, auch wenn das noch von ein paar mehr Faktoren abhängt. Welcher Engländer würde das behaupten? Jedenfalls muss man nicht französisch klingen, um Französisch zu sprechen – und zu mögen.

Aber jetzt hören Sie selbst – ist das nicht schön?

  • Eine erste Fassung dieses Artikels ist am 15.06.2016 erschienen. Das Datum oben bezieht sich auf die jüngste Aktualisierung.


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