Wundern & Wissen

Die bunte Geschichte des Schulranzens

Vom starren Tornister über den lässigen Rucksack zum blinkenden Trolley: Der Schulranzen hat die ganze Bildungsgeschichte der Landes auf dem Buckel


Die Geschichte des Schulranzens ist voll von Erinnerungen. Ganze Generationen ehemaliger Schüler (und heutiger Eltern) erkennen einander daran, was sie damals auf ihrem Rücken in die erste Klasse geschleppt haben: Noch ein Ranzen aus Leder? Lackiert vielleicht? Schon der erste „Scout“? Oder gar ein cooler Rucksack?

Dass sich schweres Gepäck leichter auf dem Rücken schleppen lässt, wussten schon Jäger und Sammler. Vor mehreren Tausend Jahren bauten sie sich Holzgestelle, die mit Riemen geschultert wurden: die Kraxen. Im Militär entstand später der Tornister, ein kastenförmiger Behälter, meist aus Kalbfell und Segeltuch, an dem Schulterriemen befestigt waren, sodass die Soldaten ihn mühelos tragen konnten. Der Tornister ist der direkte Vorläufer des Ranzens.

Start der Geschichte des Schulranzens: der Traditionsranzen

Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die allgemeine Schulpflicht durch. Für die oft langen Schulwege brauchen Schüler nun eine gute Transporttasche – den Schulranzen. Der typische Ranzen ist eckig mit starren Wänden, damit Bücher und Hefte nicht knicken, meist aus Leder gefertigt, manchmal mit Fell verziert. Jungen und Mädchen tragen unterschiedliche Modelle. Meist wird ein Ranzen von Generation zu Generation vererbt.

Die 1970er-Jahre: Pop-Art am Rücken

Ende der 1960er- und in den 70er-Jahren prägen Flowerpower und Pop-Art die Mode, Alltagsgegenstände wie Kaffeemaschinen und Toaster werden bunt. Auch Ranzen erhalten eine neue Optik: Tiere lachen vom Ranzendeckel, später finden sich Motive wie Donald Duck oder die Biene Maja. Die Fernseh- und Konsumgesellschaft lässt grüßen. Lackglänzende Oberflächen sind in. Die rechteckige Grundform aber bleibt beliebt.

1975: die Nylon-Revolution

Er war ein Wendepunkt in der Geschichte des Schulranzens: Das erste Exemplar des „Scout“ steht heute im Berliner Deutschen Historischen Museum. 1975 bringt ihn die Firma Sternjakob auf den Markt. Eine Revolution: Der Ranzen besteht aus leichtem Nylon mit einem Innenkern aus Pappe, die Form ist ergonomisch, Bücher und Hefte passen hochkant hinein. Das Gewebe fluoresziert, die Schlösser haben reflektierende Katzenaugen, die Tragegurte sind gepolstert. Der Scout, erhältlich in Rot, Blau, Grün oder Gelb, ist Sinnbild für Bildungsreform und Moderne der späten 70er-Jahre.

1990er-Jahre: ein cooler Rucksack

In den 1990er-Jahren gesellt sich der Rucksack zum Ranzen. Vor allem
Jugendliche reißen sich um den Eastpak, einen lässigen, labberigen City-
Rucksack, der zum Schrecken aller Haltungsexperten bevorzugt über nur eine Schulter gehängt wird. Dem Scout-Hersteller Sternjakob gelingt es bald, dem etwas entgegenzusetzen und nun auch bei älteren Kids zu punkten: Mit dem 4YOU bringen die Süddeutschen den ersten ergonomischen Ranzenrucksack Deutschlands auf den Markt.

Die Nullerjahre: Lillifees Auftritt

Ein neues Jahrtausend bricht an, die Farben der Schulranzen werden poppiger. Neon punktet, aufwendige Drucke müssen sein. Bei Mädchen sind Einhörner, Pferde und Lillifee top, die Jungs lieben Ritter, Piraten, Fußball und Spiderman. Ranzen müssen jetzt Zubehör haben: Mäppchen, Turnbeutel, Sporttasche, Geldbörse – und natürlich Seitentaschen für Brotzeitbox und Trinkflasche. Um die Gunst der Älteren buhlen nicht mehr nur Eastpak und 4YOU, sondern auch Outdoor-Profis wie Jack Wolfskin, Deuter oder Tatonka.

Ranzen auf Rollen

Eine echte Neuerung kommt in der zweiten Hälfte der Nullerjahre auf: Ranzentrolleys. Kinder sollen ihr Gepäck nicht mehr schleppen, sondern ziehen – ganz wie die Großen auf ihren Reisen. Ob das für den Rücken und die Haltung besser ist, bleibt umstritten. Fest steht jedoch: Beliebt sind die Ranzen auf Rädern bei Grundschülern allemal, vor allem bei Mädchen.

Generation YouTube

Die Geschichte des Schulranzens geht weiter – und wohl nie war die Auswahl überwältigender als heute. Tendenz: bunt und rundherum auf Sicherheit bedacht. Ergonomie hat sich durchgesetzt, neue Marken wie Ergobag setzen voll darauf. Gleichzeitig müssen Ranzen jetzt blinken, leuchten, schillern, und das sogar in 3-D. Neuester Gag: Der personalisierte Ranzen mit selbst gestaltetem Namen oder Foto. Als Zubehör sind nun auch Schirme, Hefte und Schreibunterlagen im gleichen Design dabei. Schulrucksäcke boomen weiter, in allen Farben und Mustern, manchmal sogar mit Extrabefestigung für das Skateboard. Auch sehr beliebt: der Rucksacktrolley.



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