Wundern & Wissen

Eltern, entspannt euch!

Unsere gehetzte Generation von Müttern und Vätern plagt sich mit einem schlechten Gewissen herum, weil wir gefühlt nie genug Zeit für ihre Kinder haben. Und wenn, unternehmen wir dann das Richtige? Zwei Studien geben Anlass zur Gelassenheit


Vom Büro in die Kita hetzen, Kind abholen, noch schnell einkaufen, kochen, Abendessen, zwischendurch ­auch noch Anrufe erledigen – und schon ist der Tag wieder vorbei. Von wegen ­Quality Time! Zumindest unter der Woche scheinen viele Mütter und Väter ständig unter Zeitdruck zu stehen. Sie haben den Eindruck, dass kaum Zeit zum gemeinsamen Spielen, Basteln oder Toben übrig ist. „Ich kann gerade nicht“, „Später vielleicht“ – wenn Kinder mit dem Puzzle ankommen, stehen oft noch mehrere To-dos auf der Liste. Als Eltern entspannt sein? Das scheint unmöglich. Doch dieser Eindruck ist falsch.

Nach einer US-Studie verbringen Eltern heute deutlich mehr Zeit mit ihren Kindern als Eltern vor 50 Jahren. Damals liefen Kinder oft eher nebenbei mit. Heute kümmern sich Mütter nach einer Studie der Universität Irvine in Kalifornien täglich 104 Minuten um ihren Nachwuchs – und das, obwohl die Frauen deutlich öfter berufstätig sind als ihre Mütter. Zum Vergleich: 1965 verbrachten Mütter nur 54 Minuten mit ihren Kindern.

Auch heutige Väter sind aktiver als ihre eigenen Väter

Auch Väter sind aktiver und investieren mehr Zeit in ihre Töchter und Söhne als ihre eigenen Väter – anstatt 16 nun 59 Minuten. Gezählt wurden sämtliche Tätigkeiten rund um die Kinderbetreuung wie kochen, baden, spielen, vorlesen und so weiter. Die beiden Wissenschaftlerinnen Giulia Maria Dotti Sani und Judith ­Treas verglichen Daten aus elf west­lichen Ländern. Die meiste Zeit widmen ­Eltern mit höherem Bildungsniveau ­ihren Kindern. Mütter mit Uni-Abschluss verbringen täglich 123 Minuten mit ihrem Nachwuchs, weniger ausgebildete Mütter 94 Minuten.

Übrigens ist nur in einem einzigen Land die Zeit von Müttern für Kinder über die Jahre nicht gestiegen, nämlich in Frankreich. Warum das so ist, konnten die beiden Forscherinnen nicht abschließend klären. Mögliche Gründe dafür sind: Das Land investiert viel Geld in gute Kinderbetreuung, ­Eltern sind dadurch entlastet. Außerdem glauben Franzosen, dass Kinder sich auch dann gut entwickeln, wenn ­Eltern nicht ständig anwesend sind. Und ­arbeitende Mütter sind in der ­Grande ­Nation Normalität.

Was Kinder wirklich wollen: mit Mama einkaufen

Noch eine Studie gibt Anlass, doch als Eltern entspannt zu sein. Wie oft zerbrechen wir uns den Kopf darüber, was unsere Kinder wirklich glücklich macht: im Sand buddeln, Kinderturnen, ­Freunde treffen oder doch lieber Basteln? Die Ökonomen Paul Anand und Laurence ­Roope von der Universität Oxford suchten mit mathematischen Formeln nach Wechselbeziehungen zwischen der Zufriedenheit von Kleinkindern und gemeinsamen Aktivitäten mit ihren Müttern. Auf Platz eins kamen – nicht sonderlich überraschend – Vorlesen und Geschichten erzählen. Auf Platz zwei stand: mit Mama einkaufen gehen. Glücklich mache Zwei- bis Dreijährige die gemeinsame Aktivität kombiniert mit der sozialen Interaktion mit ihrer wichtigsten Bezugsperson. Der Gang in den Supermarkt macht Kindern also mehr Spaß als Singen oder ein Besuch auf dem Spielplatz.

Wie kann das sein? Wir nehmen uns mehr Zeit als unsere Eltern, setzen uns aber trotzdem ständig unter Druck. Wir planen spannende und lehrreiche Aktivitäten für unsere Söhne und Töchter, dabei müssten wir sie manchmal einfach nur an unserem Alltag teilhaben lassen. Liebe Eltern, entspannt euch – ihr könnt ­aufatmen!

 

Eltern, entspannt euch! – Foto: fotolia



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