Meinen & Sagen

„Das Gymnasium war wie ein Gefängnis“

Schauspieler und Autor Hannes Jaenicke über seine Schulzeit in den USA, spaßfreie Jahre auf einem bayerischen Gymnasium und den Wert sozialen Verhaltens


Sie wurden mit sechs Jahren in Pittsburgh in den USA eingeschult. Wie kam das?
Mein Vater hatte eine Anstellung an der dortigen Universität als Biochemiker, daher der Umzug von Frankfurt nach Pennsylvania. Ich bin in den USA gern in die Schule gegangen, in meiner Klasse gab es Weiße, Schwarze, Christen, Juden. Das war dort schon in den 1960ern eine Selbstverständlichkeit.

Wirklich? Amerikanische Public Schools haben nicht den besten Ruf.
Mag sein, dass der Unterrichtsstoff in Amerikas Schulen zunächst lange nicht so umfangreich ist wie bei uns in Deutschland. Die Paukerei beginnt in den USA einfach später, wenn man aufs College oder auf die Uni geht. Dafür wird mehr Wert auf „social behaviour“ gelegt.

Inwiefern?
Es gab beispielsweise im Jahreszeugnis eine Note fürs soziale Verhalten, die genauso gewertet wurde wie Mathe oder Rechtschreibung. Und wenn ein Schüler hinterhergehinkt ist, bekam er seitens der Schule Nachhilfe. Meine Lehrerin, Miss Martin, hat anfangs jeden Tag nach Schulschluss mit mir Englisch geübt, freiwillig und ohne Bezahlung.

VITA

  • Engagement mit Herz
    Hannes Jaenicke ist als Schauspieler, Buch- und Drehbuchautor sowie Dokumentarfilmer erfolgreich. Privat und beruflich engagiert er sich für den Tier- und Umweltschutz. Seine Bücher „Wut allein reicht nicht“ und „Die große Volksverarsche“ wurden Bestseller.

  • Wie war ich?
    So bewertet Hannes Jänicke  sich selbst als Schüler:

    • Fleiß: 3
    • Betragen: 3
    • Beliebtheit: 2

Dann muss die Rückkehr nach Deutschland ein ziemlicher Schock gewesen sein.
Der Wechsel auf ein erzkonservatives Gymnasium in Regensburg war ein bisschen wie Gefängnis. Ich wollte mit Freunden eine linke Schülerzeitung ins Leben rufen, doch die wurde von der CSU-geprägten Lehrerschaft schon nach der ersten Ausgabe verboten.

Wie ging die Schulkarriere weiter?
Ich habe auf das eher liberale Albrecht-Altdorfer-Gymnasium in Regensburg gewechselt und hatte es dort mit tollen Lehrern zu tun. Ein Deutschlehrer, Herr Egerer, hat meine Leidenschaft fürs Lesen geweckt. Und die Sportlehrer waren großartige Typen, die uns für Team-Spirit begeistert haben.

Hatten Sie als Schüler schon Schauspielambitionen?
Überhaupt nicht. Ich habe schon vor dem Abitur in einer Kneipe in Regensburg gekellnert, wo viele Künstler verkehrten. Mit einigen habe ich mich angefreundet, und die setzten mir den Floh mit der Schauspielerei ins Ohr. Doch beim ersten Vorsprechen in Salzburg am Mozarteum bin ich durchgerasselt. Aber gleich danach, am renommierten Max-Reinhardt-Seminar in Wien, hat es auf Anhieb geklappt.

 

Foto: Joerg Steinmetz
Kinderfoto: privat



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