Collien Ulmen-Fernandes: "Schule hat mich wahnsinnig viel Kraft gekostet"
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Ulmen-Fernandes: „Schule hat mich wahnsinnig viel Kraft gekostet“

Vielleicht wäre sie sonst Physikerin geworden: Moderatorin und Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes über zu frühe Schule, jugendliche Träume und ein spätes Bedauern


Collien Ulmen-Fernandes, Schule wird für die Hauptperson Mei Lee im Film „Rot“ recht bald zur Nebensache. Sie haben schon als Jugendliche professionell gemodelt und getanzt. Lief die Schule für Sie auch eher nebenbei?

Leider nein! Die Schule hat bei mir wahnsinnig viel Raum eingenommen und Kraft gefordert – alleine schon deshalb, weil ich vom Biorhythmus her eine Eule bin. Und aufgrund der Anfangszeiten sind Eulen in der Schule einfach benachteiligt. Das Aufstehen ist mir jeden Morgen schwer gefallen, weil die Schulanfangszeit einfach nicht meinem persönlichen Rhythmus entsprach. Abends habe ich versucht, früher einzuschlafen, was mir aber auch nicht gelang. So war ich oft den ganzen Tag müde und unkonzentriert und kam im Unterricht nicht richtig mit. Das musste ich dann zu Hause nacharbeiten. Es war ein täglicher Kampf.

Haben Sie trotzdem ein Fach in guter Erinnerung behalten?

Es bringt so viel, wenn Lehrkräfte mit Spaß und Freude unterrichten!

Tatsächlich hatte ich einen Lieblingslehrer, Herrn Ohlshausen. Ich muss glatt überlegen, welche Fächer ich bei ihm hatte: Deutsch jedenfalls und Erdkunde, dazu noch ein, zwei weitere … aber das war gar nicht so wichtig. Was Herr Ohlshausen jedenfalls hinbekommen hat, war, seine Fächer unterhaltsam zu präsentieren. Der hat alles wahnsinnig gut veranschaulichen können. Sein Unterricht war ein bisschen so, als würde man die Harald-Schmidt-Show anschauen. Es bringt so viel, wenn Lehrkräfte ihren Unterrichtsstoff mit Spaß und Freude vermitteln!

Sollten Lehrkräfte also auch Entertainer sein?

Na ja, das nicht unbedingt. Aber man merkt den Menschen einfach an, ob sie Leidenschaft für etwas mitbringen. Leider rattern viele Lehrkräfte ihren Unterrichtsstoff nur so runter, als wollten sie so schnell es geht nach Hause. Dabei kann man Schulkindern viel mehr vermitteln, wenn man ein Thema mit Leidenschaft rüberbringt.

Dass ich die Schule abgebrochen habe, ärgert mich heute sehr

Allerdings hat auch Herr Ohlshausen Sie nicht so sehr für die Schule begeistert, dass Sie bis zum Schluss geblieben wären. Statt dessen haben Sie Ihre Schulzeit vorzeitig beendet, um sich auf eine Karriere als Tänzerin zu konzentrieren.

Das stimmt, kurz vor dem Abitur habe ich die Schule abgebrochen. Leider! Darüber ärgere ich mich heute sehr.

Warum? Sie sind doch auch ohne Abitur sehr erfolgreich.

Weil es mir Möglichkeiten nimmt. Wenn ich heute zum Beispiel studieren wollte, müsste ich erst das letzte Schuljahr nachmachen, das mir noch fehlt. Eigentlich fände ich es sehr spannend, das eine oder andere Thema noch zu vertiefen, aber da ist immer diese Hürde.

Nun ist Ihre eigene Tochter längst in der Schule. Was ist bei ihr anders als bei Ihnen damals?

Collien Ulmen-Fernandes: "Schule hat mich wahnsinnig viel Kraft gekostet" - Kinofilm "Rot" - Magazin SCHULE
„Als Eule war ich in der Schule benachteiligt“: Ihr später Biorhythmus hat Collien Ulmen-Fernandes in der Schule viel Kraft gekostet. Schon mit 15 Jahren zog sie von zu Hause aus und brach ihre Schulzeit kurz vor dem Abitur ab, um sich auf ihre Karriere als Model und Tänzerin zu konzentrieren. Ein Knieschaden beendete Letztere jedoch frühzeitig. Heute ist Ulmen-Fernandes eine erfolgreiche Moderatorin, Schauspielerin und Autorin.
Im Disney-Pixar-Film „Rot“ spricht sie eine flippige Tante des Mädchens Mei Lee, das sich immer dann, wenn es sich aufregt, in einen riesigen, roten Panda verwandelt. „Rot“ ist eine turbulente Kinder-Komödie, die auch Eltern Spaß macht. Ab 11.3.2022 exklusiv auf Disney+

 

Ich habe den Eindruck, dass die Schule sich deutlich weiterentwickelt hat. Das Lernen ist viel haptischer geworden. Meine Tochter war bis vor kurzem auf einer Montessori-Schule, da gehört das Anfassen ja ohnehin zum Konzept: Anstatt sich den Aufbau eines Laubblatts in einem Buch anzusehen, gehen die Schülerinnen raus in den Wald und untersuchen dort die Blätter. Auf diese Weise ist der Lernstoff nichts Theoretisches mehr, sondern die Kinder erleben und erfahren ihn mit den eigenen Händen und können ihn so im wörtlichen Sinn viel besser begreifen. Auch an der neuen Schule meiner Tochter finde ich viele solche Element wieder. Die Schule wird besser, das finde ich schön zu sehen.

Physik ist total spannend! Warum habe ich das nicht in der Schule kapiert?

Glauben Sie, dass Ihre eigene Schulkarriere in der heutigen Schule anders verlaufen wäre?

Ja, bestimmt! Die meisten meiner Lehrkräfte hatten leider nicht so viel Spaß an ihrer Arbeit wie Herr Ohlshausen. Und wenn dann ein gelangweilter Physiklehrer vor einem steht, interessiert man sich halt nicht so für Physik. Dabei ist Physik total spannend! Wenn ich jetzt Fernsehsendungen zu Physikthemen sehe, frage mich, warum ich das eigentlich damals nicht kapiert habe. Wer weiß, vielleicht hätte ich dann sogar einen anderen Beruf ergriffen. Ich finde, dieser Verantwortung sollten sich Lehrkräfte immer bewusst sein: Was sie in einem Kind auslösen können – und damit oft sogar einen Lebensweg mitbestimmen.

 

Collien Ulmen-Fernandes: „Schule hat mich wahnsinnig viel Kraft gekostet“ – Fotos: (c) Disney



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