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Wie viel Taschengeld ist sinnvoll?

Wie viel Taschengeld ist sinnvoll fürs Kind? Lieber weniger, aber dafür regelmäßig, meint Leserautorin Julia Bleinroth


Meine Oma erzählt mir noch heute, wie sie sich als Kind damals Bonbons gekauft hat, beim Krämer um die Ecke. „Für einen Pfennig. Das war für uns viel Geld!“ Ihre Augen leuchten, wenn sie davon spricht. Auch die Augen meines Sohnes leuchten, als er sich zum ersten Mal von seinen 50 Cent eine eigene bunte Tüte kauft. Es sind nicht nur die Süßigkeiten, die die Augen zum Glänzen bringen, es ist auch ein neues Gefühl: Auf einmal bekommt man eine bestimmte Summe Geld und kann ganz allein entscheiden, was man sich damit kauft. Ja genau, es geht ums Taschengeld.

Regelmäßiges Taschengeld fördert selbstbestimmtes Handeln

Und obwohl viele Kinder ein Kinderzimmer voller Spielzeug haben, finde ich Taschengeld sinnvoll. Nicht damit die Zimmer noch voller werden, sondern damit Kinder Erfahrungen mit Geld machen können. Um dann später ihre ­Finanzen im Griff zu haben. Kleine Kinder haben eine vage Vorstellung von Geld und seiner Bedeutung. Mama oder Papa heben es am Automaten ab und kaufen damit ein. Wenn das Geld alle ist, holen sie neues. Mit dem Eintritt in die Schule bekommen viele Kinder ihr erstes eigenes „Gehalt“. Zum ersten Mal sind sie stolze Besitzer einer kleinen Geldsumme, die für sie die Welt bedeutet.

Doch wie viel Taschengeld ist sinnvoll für ein Kind? Da gibt es große Unterschiede: Manche Eltern geben viel, manche wenig, manche gar keines. Nach meinem Verständnis muss es erst einmal keine große Summe sein. Denn heutzutage bleibt sowieso kaum ein Wunsch unerfüllt. Anfangs genügt ein vergleichsweise kleiner Betrag, der für ein paar Süßigkeiten oder Fußballbildchen reicht.

Fakten zum Taschengeld

„Das ist voll fies. Die Lea bekommt viiiiiiiiiel mehr Taschengeld als ich!“ Gibt es bei Ihnen in der Familie auch ­manchmal Streit bei diesem Thema? Hier finden Sie Zahlen und Fakten. Wetten, dass die nächste Diskussion am Abendbrottisch lebhaft wird?

  • Startguthaben: 2,50 Euro erhalten Erstklässler im Schnitt pro Woche – wenn sie schon Taschengeld bekommen

  • Wirtschaftsfaktor: 2,95 Milliarden Euro erhalten die 6- bis 13-jährigen Deutschen 2016. Der größte Teil ist regelmäßiges Taschengeld.

    495 Millionen Euro davon geben sie für Süßigkeiten aus – nur jeweils etwa halb so viel für Kleidung und für Lesestoff.

  • 41 Prozent der Eltern geben ihren Kindern bis zum Alter von 9 Jahren überhaupt noch kein regelmäßiges Taschengeld.

  • Jungs im Vorteil? Jedenfalls nicht unbedingt

    Nach einer britischen Studie haben Jungs zwischen 8 und 15 Jahren 1 Euro mehr Taschengeld pro Woche als Mädchen.

    Einige deutsche Umfragen bestätigen das. In anderen hingegen erhalten Mädchen bis zu 5 Prozent mehr Geld als Jungs. Zufriedener sind übrigens jeweils die Mädels.

  • Wie viel Taschengeld ist sinnvoll? – Magazin SCHULE ONLINE

    Und wie viel Taschengeld soll es nun sein? Dieses ist die Empfehlung des Jugendamtes München.

Später kann es dann auch mehr werden. Viele ältere Kinder und Teens bekommen deutlich höhere Beträge und kaufen dann davon eben bestimmte Dinge selbst, etwa Kleidung. Wir handhaben Taschengeld als kleines „Extra“: Mein Sohn bekam in der ersten Klasse die besagten 50 Cent pro Woche. Das reicht für den Anfang völlig. Den Betrag erhöhen wir seitdem jeweils zum Übergang in die nächste Klasse.

Es stellte sich heraus, dass die Taschengeldhöhe in der Klasse meines Sohnes sehr schwankt, teilweise bekommen die Kinder bis zu fünf Euro. Es kann natürlich schmerzlich sein, wenn andere mehr haben. Auch wenn ich bereit war, die Höhe etwas anzupassen: Das war mir zu viel. Und so haben wir mit unserem Sohn darüber gesprochen, worauf es beim Taschengeld ankommt – und wir sind bei dem kleineren Betrag geblieben.

Taschengeld bietet Freiraum zum Ausprobieren

Mittlerweile ist es kein Thema mehr, seitdem klar ist: Über das Taschengeld kann er selbst verfügen und bekommt es jede Woche, darauf kann er sich verlassen. Ich finde, das ist wichtiger als die Summe selbst. Denn: Regelmäßiges Taschengeld fördert selbstbestimmtes Handeln.

Manchmal wird dann vielleicht etwas gekauft, was nicht im Sinne der Eltern ist. Hier ist Loslassen angesagt, geht es doch darum, dem Kind einen gewissen Freiraum zum Ausprobieren und Selbstständigkeit zuzugestehen. ­Eigenes Geld, was bedeutet das eigentlich? Was kann ich mir von dem Betrag leisten, den ich gerade zur Verfügung habe? Was will ich mir davon kaufen? Was passiert, wenn ich spare? Wie fühlt sich Vorfreude an? Und wie ist es, wenn ich ­alles auf einmal ausgebe und die ganze Woche über kein ­Taschengeld mehr habe? All diese Erfahrungen können Kinder sammeln, wenn sie regelmäßig eine kleine Summe Geld besitzen.



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