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Darf Fritz mit?

Es kann den Urlaub enorm entspannen, wenn das Kind jemanden zum Spielen dabei hat. Das gilt besonders für Einzelkinder. Einige Dinge sollte man aber klären, bevor man fremde Kinder mitnimmt


Ferien können anstrengend sein.  Mit einem Mal hat der Tag viel Zeit und wenig Struktur, und die Freundinnen und Freunde trifft man auch nicht mehr selbstverständlich in der Schule. Deshalb müssen sich zu Hause oft Mama und Papa um Programm und Abwechselung bemühen. Wenn es dann in den Urlaub geht, sind besonders Einzelkinder oder altersmäßig weit auseinanderliegende Geschwister auch dort von akuter Langeweile bedroht. Eine Freundin oder ein Freund von daheim könnte diese Situation natürlich sehr entspannen. Doch mit fremden Kindern reisen – halst man sich damit nicht noch mehr Probleme auf? Die gute Nachricht ist: Nein, das funktioniert oft sehr gut – wenn man vorher einige Dinge bespricht und vorbereitet. Wir zeigen, wie aus dem erweiterten Familienurlaub erholsame und schöne Ferien für Eltern und Kinder werden.

1. Wer braucht welche Papiere?

Familien, die ein fremdes Kind mitnehmen, sollten rechtzeitig sicherstellen, dass es anerkannte Papiere hat. In der Regel ist das ein Kinderreisepass – den brauchen heute alle EU-Kinder vom Säugling bis zur 15-Jährigen, auch die eigenen. Er beinhaltet ein biometrisches Passbild, kostet 13 Euro und gilt bis zu sechs Jahre. Ab 16 Jahren erhalten Kinder einen eigenen Personalausweis, auf Antrag auch schon früher. Nur für Reisen innerhalb Deutschlands ist der eigene Pass oder Ausweis nicht erforderlich – nützlich kann er trotzdem sein.

Bei Reisen außerhalb der Europäischen Union ist der Kinderreisepass ohnehin Mindestanforderung. Je nach Reiseziel kann auch ein Visum oder – zum Beispiel bei Reisen in die USA sogar unter 12 Jahren – ein elektronischer Reisepass der sogenannte ePass, nötig sein. Unbedingt vorher prüfen! Und Vorsicht: Alle Pässe müssen bei Reiseantritt noch mindestens sechs Monate gültig sein.

2. Nicht ohne eine Vollmacht!

Sie kann das wichtigste Dokument des ganzen Urlaubs werden: Kinder, die nicht mit den eigenen Eltern reisen, sollten eine von beiden Erziehungsberechtigten unterschriebene Vollmacht dabeihaben. Dieses Schreiben kann z. B. Ärger an den Grenzen vorbeugen, weil es beweist: Das Kind wird nicht entführt, sondern reist lediglich mit einer befreundeten Familie. In die Erklärung gehören Name, Anschrift, Pass- und Telefonnummern der sorgeberechtigten Eltern sowie die Mitteilung, von wem das Kind auf der Reise betreut wird. Je konkreter die Angaben, desto besser.

Der Text einer solchen Vollmacht könnte etwa so lauten: „Wir, Lisa und Walter Müller, sind damit einverstanden, dass unser Sohn Fritz Müller mit Familie Meier vom 30. Mai bis 15. Juni in die Ferien nach Österreich fährt. Wir übertragen hiermit die Personensorge auf die Eltern Manfred und Andrea Meier (wohnhaft in Musterheim, Musterstraße 9).“ Sind An- und Rückreise kompliziert – etwa bei Flugreisen mit diversen Zwischenstopps –, empfiehlt es sich überdies, die Reiseroute zu beschreiben.

Bei Reisen ins fremdsprachige Ausland genügt es entgegen der landläufigen Meinung nicht unbedingt, wenn das Dokument auf Englisch abgefasst ist. Besser ist es, sich vorher bei der entsprechenden Botschaft nach den Modalitäten zu erkundigen. Prinzipiell gilt: Je exotischer das Reiseland, desto gründlicher sollte man sich informieren. Bei Problemen im Ausland hilft das örtliche deutsche Konsulat. Die Adressen stehen im Internet unter: www.auswaertiges-amt.de

3. Was heißt hier Aufsichtspflicht?

Erwachsene sind zur Aufsicht auch der ihnen anvertrauten Kinder verpflichtet. Was das bedeutet, ist nicht im Detail geregelt, denn es ist ein großer Unterschied, ob ein zehnjähriges Kind seit Jahren im Schwimmverein ist oder sich nur ein paar Sekunden allein über Wasser halten kann. In letzterem Fall würde die Aufsichtspflicht verletzen, wer das Kind beim Spielen im Pool unbeaufsichtigt lässt.

Erwachsene sollten jedenfalls Kinder ihrem Alter entsprechend vor Gefahren warnen und sich vergewissern, dass die Ermahnungen verstanden worden sind. Überdies besteht die Pflicht zur Kontrolle, d. h., es muss überprüft werden, ob sich Kinder auch an Regeln und Vereinbarungen halten. Unter Vierjährige sind ständig im Auge zu behalten. Damit bei eventuellen Schäden die Haftpflichtversicherung zahlt, müssen Erwachsene beweisen, dass sie die Aufsichtspflicht wirklich erfüllt haben.

4. Wenn Urlaubsträume platzen . . .

. . . sind jene im Vorteil, die eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen haben. Vorsicht: Eine Versicherung für die Familie gilt nicht automatisch für den besten Freund des Kindes. Beim Abschluss einer solchen Police kann man allerdings meist auch fremde Personen mitversichern lassen. Sie müssen jedoch extra benannt werden.

„Pass vergessen“, „keine Lust mehr“, „Flugangst“ – diese Gründe akzeptieren die Versicherer nicht. Der Stornovertrag greift nur bei schwerwiegenden Ereignissen, bei einer unerwartet schweren Erkrankung etwa (Attest vom Arzt nötig).

Zusätzlichen Schutz – auch nach Antritt des Urlaubs – bietet die Reiseabbruchversicherung. Sie ersetzt die entstandenen Reisekosten sowie nicht genutzte Leistungen bei einem notwendigen Abbruch der Ferien. Nützlich vor allem mit Kleinkindern und chronisch kranken Kindern.

5. Die perfekte Gesundheitsvorsorge

Beim Zusammenstellen der Reiseapotheke sind die Eltern des Gastkinds zu fragen: Benötigt das Kind spezielle Medikamente? Leidet es unter Allergien? Neigt es zu Fieberkrämpfen? Welche Mittel helfen ihm daheim, wenn es erkältet ist oder Durchfall hat?

Erinnern an: Impfpass, Krankenversicherungskarte bzw. Auslandskrankenschein.
Die Eltern des Gastkinds sollten prüfen, ob eine zusätzliche Reisekrankenversicherung sinnvoll ist. Klären Sie rechtzeitig, wer im Falle eines Falles die Kosten eines medizinisch notwendigen bzw. medizinisch sinnvollen Rücktransports übernimmt! Manchmal ist es nützlich, in die allgemeine Vollmacht einen Passus aufzunehmen, der es den Gasteltern explizit erlaubt, das Kind ärztlich behandeln zu lassen. Juristisch notwenig ist diese Erklärung allerdings nicht.

6. Lasst uns über Geld reden

Wem Gespräche über Geld peinlich sind, der trägt das Risiko, auf mancher Ausgabe sitzen zu bleiben. Vielleicht spart das Kind das mitgegebene Taschengeld oder nutzt es ausschließlich für die Erfüllung eigener Wünsche. Enttäuschungen und Ärger ersparen sich jene, die vorher klären, ob und an welchen Kosten sich die Eltern des mitreisenden Kindes beteiligen. Wer ein fremdes Kind „einlädt“, sollte genau artikulieren, was damit gemeint ist.

Kleine Checkliste möglicher Kostenbeteiligung:

  • Reisekosten
  • Ferienhaus/Zimmer
  • Verpflegung
  • Tickets für Freibad, Museen usw.
  • Besuche in Restaurant und Eisdiele
  • Ausgaben für Sportkurse, Extras
  • Telefon

Viele Familien müssen auch im Urlaub sparen, andere leisten es sich, jeden Tag essen zu gehen. Damit die Eltern des mitreisenden Kindes nach dem Urlaub nicht in Schwierigkeiten kommen, ist es nur fair, über die zu erwartenden Belastungen vorher zu sprechen.

7. Ohne Regeln geht es nicht

TIPP

  • Wenn es machbar ist, kann man vor dem Urlaub das fremde Kind für ein Wochenende einladen, um auszuloten, ob das Zusammenleben funktioniert und wo eventuelle Probleme liegen.

Es kommt vor, dass sich ein kindlicher Reisebegleiter als Nervensäge entpuppt. Manche wollen ständig Eis, Cola oder Fernsehen und reagieren auf ein Nein höchst be­leidigt („Bei meinen Eltern darf ich das aber!“). Andere haben einfach einen abweichenden Rhythmus, sind beispielsweise am Morgen nicht aus dem Bett zu kriegen oder wollen tagaus, tagein immer nur Action. Eltern zögern häufig, bei den Freunden der Kinder rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Aus Angst vor schlechter Stimmung erlauben sie plötzlich Dinge, die sie dem eigenen Kind bislang immer verwehrt haben. Auf Dauer aber hilft das ständige Nachgeben wenig. Im Gegenteil: Der Groll nimmt zu, und es droht die Gefahr, dass das Kind als Störenfried empfunden wird, den man besser zu Hause gelassen hätte. Damit der Urlaub für alle schön wird, sind klare Ansagen unvermeidlich (z. B. TV: nein; Eis: nicht mehr als eins am Tag; schlafen: spätestens um zehn Uhr).

Am besten vereinbart man die Regeln schon vor der Reise, vor allem dann, wenn man den Freund des eigenen Kindes nicht wirklich gut kennt.

Wer nicht mit den Eltern des Freundes befreundet ist, sollte sich rechtzeitig vor dem Urlaub verabreden und offen ansprechen, wo der Schuh drückt.

8. O weh . . . Heimweh

Und ist es auch noch so schön: Wenn Kinder selten von zu Hause weg sind, können die ungewohnte Umgebung, der andere Tagesablauf sowie die fremde Familie die Sehnsucht nach den eigenen Eltern übermächtig werden lassen. Oft sind es Anrufe der Mama, die eine Heimwehattacke auslösen. Deshalb gilt: so wenig Telefonate mit dem Kind wie möglich.

Mit fremden Kinder reisen / Magazin SCHULE
Heimweh-Monster lassen sich am besten mit Ablenkung vertreiben

Auch manch größere Kinder sind anfällig für Heimweh. Ein eigenes Handy verstärkt das noch zusätzlich. Gift ist es, wenn Mutter oder Vater am Telefon einen unsicheren und geknickten Eindruck machen und ohne echte Not anbieten: „Wenn du Heimweh hast, holen wir dich sofort.“

Eltern, die mit fremden Kindern reisen, sollten den Urlaubs-Blues ernst nehmen, aber nicht zu viel Buhei da­rum machen. Das kann verstärkend wirken und das eigene Kind obendrein eifersüchtig werden lassen. Das klassische Rezept von Großmüttern lautet: ablenken, beschäftigen, gemeinsame Aktionen und viel Spiel.

Erfahrene Pfadfinder und Freizeitpädagogen wissen überdies um die rätselhafte Wirkung von Heimwehtropfen oder -bonbons. Wird der Inhalt einer entsprechend gekennzeichneten „Arzneiflasche“ verabreicht, stehen die Chancen auf Linderung nicht schlecht.

 

Illustrationen: Niels Fliegner / Magazin SCHULE



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