Denken & Diskutieren

Das Vater-Sohn-Gespräch

Vater und Sohn, 13, sitzen im Wohnzimmer einer Heidelberger Wohnung und plaudern gemütlich über Belangloses. Plötzlich räuspert sich der Vater.


Altersspanne: 11–14 Jahre.

Was geht ab? Papa unternimmt einen Versuch, seinen Sohn ganz locker aufzuklären.

Warum jetzt? Weil Mama findet, dass das wichtig ist. Außerdem kursieren im Gymnasium Wörter wie gay, Petting, hetero-, homo- und transsexuell, mit denen der Junge nichts anzufangen weiß – nicht, dass er aus purer Unwissenheit noch ein Kind zeugt!

Papas typischer Satz: Du, Großer, ist dir in letzter Zeit mal aufgefallen, dass du das Bedürfnis hast . . . Es ist vollkommen normal, wenn man sich manchmal . . . Es ist alles gut, aber wenn dir etwas am Penis wehtut . . . Du brauchst dich nicht zu schämen, wenn du am Morgen eine . . .

Größtes Problem des Sohnes: Mit dieser Gesprächswendung hat der 13-Jährige nicht gerechnet. Sonst hätte er sich rechtzeitig hinter einem Computerspiel verschanzt.

Das geht hier gar nicht: Ohren zuhalten, Trillerpfeife holen, abhauen. Noch nicht einmal über Schulisches darf man sprechen, wenn Eltern hochkonzentriert über die menschliche Fortpflanzung dozieren.

Wie kommt Sohn da raus? Gar nicht. Taktvolle Eltern legen heimlich ein cooles (nicht möchtegern-cooles!) Aufklärungsbuch auf den Nachttisch. Darin erfährt der Pubertierende viel über Küssen und Streicheln und dass es zum Stimulieren des weiblichen Geschlechtsorgans mehr bedarf als ständiger Positionswechsel, wie sie in den Pornos praktiziert werden, auf die er kürzlich ganz zufällig unter dem Suchbegriff „Reiterstellung“ auf seinem Smartphone gestoßen ist.

Was war zu unserer Zeit anders? Wir wussten nur vage Bescheid („Bravo“-Verbot). Das reichte aber, um unsere peinlich berührten Eltern beim ersten Aufklärungsversuch mit einem lauten Weiß-ich-schon-ALLES! zum Schweigen zu bringen.



Unsere Themen im Überblick

  1. Leider entwickeln wir uns gegenwärtig zurück, was die Sexualaufklärung angeht.

    Auf dem Flohmarkt bin ich darauf gestoßen, dass die Bravo noch vor sechs Jahren nackte 16- bis 20-Jährige gezeigt hat, mit denen man sich vergleichen konnte, um zu sehen, dass mit einem alles ganz normal ist. Heute zeigt die Bravo da nur noch 18- bis 25-Jährige. Wie soll man sich mit so viel älteren Männern vergleichen?

    Ich war richtig geschockt, dass die früher so viel mehr durften als wir heute. Ich habe mich gefragt, was in der Zwischenzeit nur mit unserer Gesellschaft passiert ist.

    Ich dachte erst, das läge an irgendwelchen neuen Gesetzen, aber ich habe das recherchiert: Harmlose Aktfotos von unter 18-Jährigen sind immer noch erlaubt; es wird seit letztem Jahr nur härter bestraft, wenn die Unterschrift der Eltern fehlt. Und so blöd ist die Bravo ja nicht, dass sie das vergisst.

    Ich habe also bei Dr. Sommer nachgefragt, und denen sogar den Link zu dem Gesetzestext geschickt. Die meinten, ich hätte das gut recherchiert, und würden drüber nachdenken, den Body-Check wieder ab 16 zu bringen. Als ich nach ein paar Ausgaben noch mal nachgefragt habe, hieß es: „Mal sehen, was sich da tut.“ Es hat sich natürlich überhaupt nichts getan. Als ich noch mal nachgefragt habe, kam keine Antwort mehr.

    Jetzt habe ich eine Unterschriftenaktion bei Change.org gestartet, um die Bravo dazu zu bringen, wieder so aufzuklären, wie sie es 16 Jahre lang gemacht hat, wie ich herausgefunden habe. Ich kann dieses ständige „Jugendliche sind Kinder“ und „nackt ist gleich Porno“ nämlich nicht mehr ertragen.

    Darum hier der Link zu meiner Aktion:

    https://www.change.org/p/dr-sommer-team-der-jugendzeitschrift-bravo-helfen-sie-der-sexualaufklärung-altersgrenze-16-für-den-bravo-body-check

    Bitte helft mit, die Bravo wieder zur Vernunft zu bringen; diese neue Verklemmtheit ist nicht mehr zu ertragen.

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