Denken & Diskutieren

10 Dinge, die unsere Kinder besser können als wir damals

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Kreativer schreiben

„Ich S-Bahn, bist du Bahnhof?“ – Chat-Sprache ist oft dermaßen verkürzt, dass intuitiv verfahrende Sprachkritiker überzeugt sind, dass die vor allem von Jugendlichen so geliebten Kurzmitteilungen per Handy oder Rechner die Sprache verhunzen, also die Fähigkeit, ordentlich zu formulieren. Doch einiges spricht dafür, dass das Gegenteil der Fall ist: Sprachwissenschaftler finden WhatsApp & Co. jedenfalls gar nicht so schlecht. Immerhin schreiben die Kids jetzt dauernd.

Regelmäßige SMS-Schreiber sind bei Sprechtestss überlegen

Eine Untersuchung der Universität Coventry unter ­Elfjährigen ergab sogar, dass regelmäßige SMS-Schreiber ihren gleichaltrigen Mitschülern bei Sprachtests überlegen sind. So verblüfften die besten Textnachrichten-Schreiber mit der besten Rechtschreibung und dem größeren Wortschatz. Ihre Erklärung: Beim Schreiben der kurzen Mitteilungen müssen sich Kinder mehr Gedanken machen, wie sie sich möglichst klar ausdrücken, was sprachliche Ausdruckskraft und Fantasie fördert.

Genau das ist auch das Ziel des heute weitverbreiteten Prinzips, in den ersten beiden Grundschuljahren, wenn überhaupt, nur wenig Wert auf Rechtschreibung zu legen. Stattdessen versuchen die Lehrkräfte, den Schülern möglichst viele Gelegenheiten zu bieten, damit sie sich ohne Druck kreativ schriftlich ausdrücken können. Die Annahme dahinter: Wer gern liest und schreibt, wird auf Dauer schon von selbst zur richtigen Rechtschreibung finden – und unterwegs seinen Wortschatz und seine Ausdrucks­fähigkeit gestärkt haben.

Aber können sich Schüler heute tatsächlich besser ­ausdrücken, schreiben sie gar die besseren Aufsätze? Deutschlehrer wie Thomas Ritter vom Ernst-Mach-Gymnasium in Haar sind sich „nicht so sicher“. Hoffnung macht wiederum die Wissenschaft: Germanistikprofessor Wolfgang Steinig hat Schulaufsätze aus mehreren Jahrzehnten verglichen. Fazit: Ja, die Schüler von heute schreiben krea­tiver. In ihren Texten zeigen sie sich selbstbewusster und meinungsstärker. Allerdings machen sie auch mehr Rechtschreibfehler.



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