Vieles ist noch genauso wie früher. Räume, Möbel, Lehrertypen, oft sogar die Bücher und Arbeitsblätter: Auf Eltern wirkt die Schule ihrer Kinder manchmal, als sei dort die Zeit stehen geblieben. Einiges an diesem Eindruck ist wohl wahr – und doch ist die Schlussfolgerung falsch. Denn die Anforderungen im Unterricht haben sich deutlich verändert – und das hat auch mit den so genannten Operatoren zu tun.
Nach der ersten Pisa-Studie, in der Deutschland ein schlechtes, einige Bundesländer sogar ein besonders schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen hatten, einigten sich die Kultusminister darauf, neue, gemeinsame Standards für den Unterricht zu entwickeln. Lehrpläne wurden aufeinander abgestimmt und meist durch „Bildungspläne“ ersetzt. Darin hatten die eigentlichen Lerninhalte einen geringeren Stellenwert als früher. Im Zentrum standen nun sogenannte Kompetenzen: Wichtig ist weniger, was die Schüler wissen, als das, was sie können sollen – frei formulieren etwa, Diagramme auswerten oder argumentieren.
Moderne Aufgaben klingen oft etwas nach Kasernenhof
Dass das durchaus ein Unterschied ist, merkt man auch an den Prüfungen. Darin wird heute kaum noch etwas gefragt: Wo früher „wie“ oder „welche“ stand, finden sich jetzt lauter Begriffe in Befehlsform. „Nenne!“, „erkläre!“, „beurteile!“: Moderne Aufgaben klingen oft etwas nach Kasernenhof. Aber diese Schlüsselwörter, Operatoren genannt, sind das Gegenstück zu den Kompetenzen, die Schüler im Unterricht erwerben sollen. Mit ihnen prüft die Lehrkraft, ob sie tatsächlich ein Diagramm auswerten oder Argumente formulieren können.
„Erkläre folgendes Diagramm!“: Unterhalb dieser Anweisung kann zum Beispiel eine Kurve gezeigt werden, die den Verkauf von Schweinefleisch in Deutschland seit 1990 zeigt. Schüler sollen in diesem Fall die Kurve nicht nur in eigenen Worten beschreiben, sondern auch Gründe für deren Verlauf nennen – und zwar selbst dann, wenn sie im Unterricht nur den Kuhmilchkonsum durchgenommen haben.
Vorteil: Wer die Operatoren kennt, weiß, was verlangt ist
Im Prinzip sind Operatoren also klare Handlungsanweisungen. Sie verraten, was die Lehrkraft vom Schüler erwartet: Wenn in der Aufgabe „nenne“ steht, kann eine Aufzählung genügen, auf „erkläre“ sollte man tunlichst in mehreren Sätzen antworten. Wer das nicht versteht, verschenkt Punkte.
Transparent wird auch der Anspruch einer Aufgabe. Ebenso wie Kompetenzen gliedern sich Operatoren in ein System von drei aufeinander aufbauenden Anforderungsbereichen: Im untersten Bereich geht es um eher einfache Aufgaben, wie etwas wiederzugeben, im zweiten muss das eigene Wissen in neue Zusammenhänge gebracht werden, und im dritten geht es ums Diskutieren, Interpretieren und Planen.
Schüler sollten also genau wissen, was Operatoren bedeuten. Auf den nächsten Seiten haben wir wichtige Schlüsselwörter zusammengefasst. Dabei kann die genaue Bedeutung eines Operators jedoch von Fach zu Fach variieren, ebenso wie der Anspruch einer Aufgabe. Wenn also am Ende bei einer Aufgabe Punkte fehlen, lohnt es sich, die Lehrkraft zu fragen, was sie zusätzlich erwartet hätte.
Operatoren – Anforderungsbereich I: Reproduktionsleistungen
Daten, Fakten, Techniken: Im ersten Anforderungsbereich geht es darum, Inhalte aus dem Unterricht fachlich richtig wiederzugeben – und zwar in dem gelernten Zusammenhang. Ebenfalls hierher gehören das Beschreiben und Anwenden gelernter und geübter Methoden und Arbeitsweisen.
Typische Operatoren – und was sie in Prüfungsfragen bedeuten
beschreiben
Informationen oder Sachverhalte in eigenen Worten (fach)sprachlich richtig und angemessen aus vorgegebenem Material oder dem eigenen Wissen wiedergeben- darstellen
Einen Sachverhalt in eigenen Worten (oft unter Zuhilfename einer Skizze) strukturiert und ausführlich wiedergeben - erstellen
Daten oder Fakten in übersichtlicher und fachlich korrekter (oft vorgegebener) Form darstellen - nennen
Passende Begriffe ohne nähere Erklärungen aufzählen und dabei ggf. Informationen aus vorgegebenem Material entnehmen. Auf richtige Schreibweise achten! - skizzieren
Einen Sachverhalt, einen Zusammenhang oder ein Ergebnis übersichtlich und auf das Wesentliche reduziert wiedergeben - wiedergeben
Informationen oder Sachverhalte aus vorgegebenem Material oder dem eigenen Wissen vortragen oder aufschreiben - zusammenfassen
Aus einem Text oder einer Aussage das Wesentliche in konzentrierter Form (aber meist in ganzen Sätzen!) wiedergeben
Operatoren – Anforderungsbereich II: Reorganisations- und Transferleistungen
Wieso, weshalb, warum: Für den zweiten Anforderungsbereich sollen Schüler das im Unterricht Gelernte erklären, bearbeiten und (neu) ordnen. Dabei benutzen sie korrekte Fachbegriffe und wenden ihr Wissen und erlernte Methoden auch auf andere, unbekannte Sachverhalte an.
Typische Operatoren – und was sie in Prüfungsfragen bedeuten
anwenden
Eine erlernte Methode oder einen bekannten Zusammenhang auf eine neue Problemstellung beziehen- begründen
Einen Sachverhalt auf Regeln, Gesetze oder kausale Zusammenhänge zurückführen bzw. durch nachvollziehbare Argumente stützen - berechnen
Einen gelernten Rechenweg verwenden, um aus gegebenen Werten eine Lösung zu generieren - einordnen
Eigenes Vorwissen und/oder bekannte Methoden anwenden, um Sachverhalte (begründet!) in einen Zusammenhang zu stellen - erklären
Sachverhalte mithilfe eigener Vorkenntnisse verständlich machen, begründen und in einen Zusammenhang einordnen - gliedern
Aussagen oder Sachverhalte in eine logisch richtige oder systematisch angemessene Reihenfolge bringen - prüfen
Sachverhalte, Fragestellungen oder Probleme mit erlernten Methoden und nach sinnvollen Kriterien bearbeiten - vergleichen
Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede ermitteln, gewichten und darstellen
Operatoren – Anforderungsbereich III: Reflexion und Problemlösung
Denken und diskutieren: Um Aufgaben aus dem dritten Anforderungsbereich zu lösen, müssen Schüler sich Sachverhalte erarbeiten, Problemstellungen erfassen und selbstständig erlernte Methoden anwenden, um schließlich zu eigenen Ergebnissen zu gelangen. Hier wird begründet, erörtert, gewertet und beurteilt.
Typische Operatoren – und was sie in Prüfungsfragen bedeuten
beurteilen
Die Stichhaltigkeit von Aussagen, Sachverhalten oder Behauptungen mittels Fachwissen und Fachmethoden prüfen und darlegen- bewerten
Zusätzlich zur Beurteilung (s. o.) selbst begründet Stellung nehmen - diskutieren
Einer Problemstellung oder These Argumente gegenüberstellen, diese abwägen und zu einer eigenen, begründeten Bewertung finden - erörtern
Ähnlich wie diskutieren: eine These oder ein Problem erfassen, Argumente abwägen, dazu eigene Gedanken formulieren und zu einem eigenen, wertenden Urteil gelangen - interpretieren
Einen Sachverhalt oder Zusammenhang aus einem Text oder aus Materialien erschließen, erklären, daraus Schlüsse ziehen und bewerten - planen
Zu einem vorgegebenen Problem ein Experiment und eine Anleitung entwerfen - Stellung nehmen
Zu einer These, Aussage oder Behauptung begründend eine eigene Meinung äußern