Denken & Diskutieren

10 Dinge, die unsere Kinder besser können als wir damals

Seite 6/10: Meinen und Diskutieren

 

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Meinen und Diskutieren

Kaum ein Klischee über die Jugend von heute wurde in den vergangenen Jahrzehnten so oft wiederholt wie das von der vermeintlich unpolitischen, angepassten Genera­tion. Tatsächlich finden Demoskopen und Jugendforscher bei den heutigen Schülern wenig Rebellisches: Die Fundamentalopposition gegen alles Etablierte, die wir Eltern mit unserer eigenen Jugendzeit verbinden, würde die meisten Jugendlichen heute befremden. Das heißt aber nicht, dass die junge Generation unpolitisch wäre oder keine eigene Meinung hätte. Ganz im Gegenteil.

Die Jugend diskutiert rege – allerdings dort, wo wir Älteren es nicht so wahrnehmen

„Immer mehr Jugendliche zeigen politisches Interesse“, heben zum Beispiel die Autoren der renommierten Shell ­Jugendstudie hervor. Um mehr als ein Drittel sei der Anteil der politisch Interessierten seit 2002 gestiegen. Aber das äußere sich anders, als wir es gewohnt sind: Klassische Mitwirkungsformen wie Parteien und Wahlen verlieren an Bedeutung, dafür beteiligen sich die jungen Menschen an Online-Petitionen und Demonstrationen. Das heißt, sie diskutieren weiterhin rege – allerdings online, wo wir Älteren es nicht so wahrnehmen.

Auch die Lehrerin Heidemarie Brosche findet, dass die heutigen Schüler meinungs­stärker als ältere Jahrgänge sind: „Meine Schüler sagen, was sie denken – auch auf die Gefahr hin, dass jemand verärgert ist. Und sie können auch einmal Nein sagen, ohne gleich Rechtfertigungsarien zu singen.“

Dass die Lehrpläne inzwischen überall mehr auf Kompetenzen wie Einordnen, Erklären und Diskutieren setzen als auf bloßes Wiedergeben von Wissen, unterstützt diesen Trend. Da verwundert dann auch der Erfolg des ­Wettbewerbs „Jugend debattiert“ nicht mehr, den mehrere gemeinnützige Stiftungen unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten seit 2002 ausrichten. Inzwischen schärfen dabei rund 200 000 Schülerinnen und Schüler jedes Jahr ihre Debattierfähigkeiten in Wettkämpfen von Schul- bis Bundesebene. Klar ist: Wer gewinnen will, muss argumentieren können – Fundamentalopposition reicht da nicht.



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