(Um-)Wege zur Mittleren Reife und zum Abitur – Symbolbild
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Nichts ist unmöglich: Mittlere Reife und Abitur auf Umwegen

Kein Abschluss ohne Anschluss: Das deutsche Bildungssystem ist viel flexibler als oft gedacht. Ein Überblick für alle, die noch mehr erreichen wollen


Die einen sind vielleicht Spätstarter, die anderen hatten einen Durchhänger, die nächsten die falschen Lehrkräfte: Es kann viele Gründe geben, weshalb Schüler und Schülerinnen nicht ihr gewünschtes Bildungsziel erreichen. Die gute Nachricht ist: Wer wirklich weiter kommen will, kann sein Ziel auch später noch erreichen. Denn das deutsche Bildungssystem bietet zahlreiche Möglichkeiten, auf Anschlusspfaden und Umwegen zu höheren Bildungsabschlüssen zu kommen – sogar bis zum Abitur. Ein Überblick:

Sieben Tipps: (Um-)Wege zur Mittleren Reife und zum Abitur

1. Viele Schülerinnen und Schüler setzen ihre Schulkarriere nach der Haupt- oder Realschule auf einer Berufsfachschule (BFS) fort. Diese Schulart vermittelt neben einer beruflichen Grundbildung und beruflichen Abschlüssen auch Schulabschlüsse wie beispielsweise den Mittleren Schulabschluss (MSA), auch Mittlere Reife genannt. Die BFS ist in der Regel auf ein Fachgebiet ausgerichtet, etwa auf Sozialwesen, Wirtschaftswesen, Ernährung, künstlerische oder technische bzw. informationstechnische Berufe. Die Voraussetzungen für den Besuch sind von Schule zu Schule unterschiedlich: Für viele BFS genügt ein Hauptschulabschluss, manchmal wird jedoch ein bestimmter Notenschnitt in den Hauptfächern verlangt. In einigen Fällen setzen die Schulen auch einen Qualifizierten Hauptschulabschluss oder sogar eine Mittlere Reife voraus.

2. Wer seinen Mittleren Schulabschluss erfolgreich und mit guten Noten absolviert hat, kann direkt aufs Gymnasium wechseln. Gern gewählt werden dabei zum Beispiel berufliche Gymnasien, die es je nach Bundesland in unterschiedlichen Fachrichtungen gibt. Typische Ausrichtungen sind Wirtschaft, Technik, berufliche Informatik, Ernährung, Agrarwirtschaft, Gesundheit und Soziales. Interessierte müssen einen guten MSA mitbringen und ­dürfen teilweise eine Altersgrenze nicht überschreiten. In der Regel dauert der Besuch eines beruflichen Gymnasiums drei Jahre und führt zur Allgemeinen Hochschulreife.

3. Auch Fachoberschulen (FOS) sind nach beruflichen Fachrichtungen ausgerichtet. Hier ist die Vielfalt jedoch noch größer: Typische Fachgebiete sind Agrarwirtschaft, Bio- und Umwelttechnologie, Ernährung und Hauswirtschaft, Gestaltung, Gesundheit und Soziales, diverse technische Ausrichtungen sowie Wirtschaft und Verwaltung. Der Abschluss einer Fachoberschule der Klasse zwölf berechtigt zur Aufnahme des Studiums jeder Fachrichtung an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (früher Fachhochschule genannt) sowie, abhängig vom Bundesland, oft sogar zur Aufnahme eines ­Bachelorstudiums an einer Universität.

4. Wer eine Berufsoberschule (BOS) besuchen möchte, muss im Gegensatz zur FOS nicht nur einen mittleren Schulabschluss mitbringen, sondern auch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder mindestens fünf Jahre Berufserfahrung. Auf dieser beruflichen Erfahrung aufbauend, vermittelt die BOS zusätzlich allgemeinbildende und fachliche Inhalte. Die angezielten Abschlüsse variieren von Bundesland zu Bundesland und zwischen den einzelnen Schulen, oft können Lerndende aber zwischen dem Fachabitur, der fachgebunden und der Allgemeinen Hochschulreife als Ziel wählen.

5. Es ist nie zu spät für einen höheren Abschluss: In Deutschland besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit, alle relevanten Bildungsabschlüsse nachzuholen, die man als Schüler oder Schülerin auf dem ersten Bildungsweg während der Schulpflicht nicht geschafft hat. Die Schulgesetze der Länder sehen keine Altersbegrenzungen für das Nachholen von Bildungsabschlüssen vor.

6. Später kann es aber teuer werden: Staatliche Fördermöglichkeiten nach dem BAföG werden Lernenden in Deutschland nur bis zu einem Höchstalter gewährt. Dieses ist abhängig von dem persönlichen Lebenslauf, welchen man vor der Aufnahme einer Ausbildung im Rahmen des zweiten Bildungswegs nachweisen muss. Hinzu kommen die allgemeinen Anforderungen an die Bedürftigkeit.

7. Zusätzlich zu den oben genannten, staatlich vorgesehenen Wegen zu höheren Bildungsabschlüssen gibt es eine bunte Vielfalt an weiteren Möglichkeiten. Seinen Quali, die Mittlere Reife oder das Abitur kann man an auch einer Abendschule, einem Kolleg, einer Volkshochschule oder einer Fernschule nachmachen – oft berufsbegleitend. Viele Lernende werden dabei von ihren Arbeitgebern finanziell und organisatorisch unterstützt. Aber es geht auch ganz ohne Schule: Wer überzeugt ist, den nötigen Lernstoff parat zu haben, kann sich zur sogenannten Nichtschülerprüfung anmelden, bei der grundsätzlich jeder Schulabschluss erworben werden kann. Gleiches gilt für die Begabtenprüfung, bei der besonders befähigte Berufstätige die Möglichkeit haben, die Prüfungen zum Abi abzulegen.

„Nichts ist unmöglich: Mittlere Reife und Abitur auf Umwegen“ – Foto: rawpixel/Freepik 



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