Denken & Diskutieren

„Die Internet-Euphorie ist vorbei“

Die digitale Welt macht die heute 14- bis 24-Jährigen einerseits froh. Andererseits bereitet sie auch große Sorgen: vor Mobbing, Einsamkeit, Online-Sucht. Das zeigt eine Studie


Jugendliche und junge Erwachsene verbinden mit dem Internet zwar vor allem Chancen. Sie stehen der digitalen Zukunft dennoch kritisch gegenüber. Das belegt die repräsentative U25-Studie des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI). Die Autoren der Studie stellen insgesamt einen „grundlegenden Wandel“ in der Nutzung und Wahrnehmung der sozialen Medien fest.

Matthias Kammer, Direktor des DIVSI-Instituts, zieht ein Fazit: „Die Zeiten einer unbesorgten Nutzung der sich bietenden technischen Möglichkeiten sind Vergangenheit. Die Ergebnisse zeigen: Der Hype ist vorbei, ­reine Euphorie war gestern.“ Zwar sind die heute 14- bis 24-Jährigen die erste Gene­ration, in der quasi alle täglich und meist ­mobil online sind. Für diese Generation bedeutet die Online-Welt jedoch Segen und Fluch zugleich.

Das Internet ist aus der Sicht der Jugendlichen vor allem praktisch, weil es den Zugang zu Informationen erheblich erleichtert und ehemals mühsame Vorgänge beschleunigt. Und 69 Prozent gehen sogar so weit zu sagen, dass das Internet sie glücklich macht.

Die Jugendlichen haben das Gefühl, im Netz Zeit zu verschwenden

Doch es gibt eben auch die andere, die negative Seite des Internets. Die Omnipräsenz der digitalen Welt wird nämlich nicht nur positiv erlebt. 64 Prozent haben das Gefühl, im Internet Zeit zu verschwenden; 19 Prozent sagen sogar, dass das Internet nervt. Und auch die Angst vor der Internetsucht ist vorhanden. Immerhin fürchtet fast jeder Dritte, „internetsüchtig zu sein“. Diese Jugendlichen nehmen ihr eigenes Online-Verhalten also durchaus als problematisch wahr. Außerdem befürchten etwa zwei Drittel der Jugendlichen, beleidigt zu werden.

Bundesfamilienministerin Franziska ­Giffey stellt dazu fest: „Die Ergebnisse sind ernüchternd. Wenn sich junge Menschen im Internet nicht einmal mehr trauen, ihre Meinung frei zu äußern, dann ist das ein erschreckendes Signal. Sie brauchen Unterstützung und Begleitung, damit sie das Netz unbeschwert nutzen können.“

Viele äußern ihre Meinung lieber gar nicht

Die Erkenntnisse der Studie findet auch Joanna Schmölz, stellvertretende DIVSI-­Direktorin, bedenklich: „Wir müssen uns schon fragen, was es über den Zustand unserer demokratischen Gesellschaft aussagt, wenn junge Menschen ausgerechnet in dem für sie wichtigsten Raum des Austauschs aus Angst vor Beleidigungen und Shitstorms aufhören, ihre Meinung zu äußern.“ Gegenüber dem Jahr 2014 deutlich gestiegen ist auch die Angst vor der Veröffentlichung peinlicher und intimer Posts ebenso wie die vor Fake-Profilen, also der Täuschung durch gefälschte Nutzerprofile.

Und noch eine interessante Erkenntnis gibt es: Auch wenn sich 14- bis 24-Jährige scheinbar sicher und souverän online ­bewegen, ist ihr Selbstverständnis ein an­deres – die Vorstellung der älteren Genera­tion, junge Menschen seien qua Geburtsjahr digital kompetent, lehnen die Befragten ­entschieden ab.



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