Sehen, hören, haben

Kinderschuhe mit Style

Erlaubt ist, was gefällt? So ganz gilt das leider nicht für die Wahl des richtiges Schuhs. Aber wer ein paar Regeln beachtet, wird seinem Fuß nicht schaden


Herr Mellerowicz, worauf muss ich beim Schuhkauf achten?
Vor allem darauf, dass er passt. Meistens passt der Schuh nämlich nicht zum Fuß oder – andersherum – der Fuß nicht zum Schuh. Früher wurden Schuhe individuell gefertigt. Da wurde ein Gipsabdruck gemacht, daraus eine Form aus Holz hergestellt und nach diesem Modell der Schuh gearbeitet.

Hauptsache, sie passen

  • Teure Treter sind nicht besser, Fersen brauchen Halt

    Holger Mellerowicz, Leiter der Kinderorthopädie am Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin, über die richtigen Schritte zum perfekten Schuh

Und heute?
Da werden Durchschnittsleisten verwendet. Die variieren zum einen international: In den USA sind Schuhe größer und breiter, in Italien kürzer und schmaler als bei uns. Hinzu kommt, dass jeder Hersteller den Durchschnitt auch noch mal anders definiert.

Wenn man zufrieden ist, sollte man also bei der Marke bleiben?
Dann ist zumindest die Chance größer, erneut einen passenden Schuh zu finden.

Wie finde ich heraus, ob der Schuh auch wirklich passt?
Klassisch ist diese Methode: Fuß reinstecken, vorn draufdrücken. Davon halte ich wenig. Besser ist es, die Sohle herauszunehmen und den Fuß draufzustellen. Am allerbesten aber ist es, den Fuß mit Fingerfarbe anzumalen, auf eine Pappe treten zu lassen, auszuschneiden und diese Schablone in die Schuhe zu legen. Vorn noch 1,5 cm dazu addieren, dann fühlt man genau, ob er passt. Auch bei älteren Kindern zu empfehlen.

Meine Tochter mag es, wenn ihre Schuhe locker sitzen. Ist das ein Problem?
Kommt drauf an. Der Rückfuß darf kein Spiel haben. Wenn ich hinten einen Finger hineinquetschen kann, ist der Schuh definitiv zu groß. Eine Zeit lang war es bei Jugendlichen Mode, die Schnürsenkel offen zu lassen. Gut für die Füße war das nicht.

Warum? Was kann da außer Stolpern passieren?
Bei Kindern und Jugendlichen sind die Sehnen nicht am Knochen verankert, sondern am Knorpel. Der ist elastischer, aber weniger belastbar. Sind die Schuhe zu locker, entsteht eine Hebelwirkung. Die Kräfte, die dann wirken, sind zu groß. Das kann zu einer Entzündung der Ferse führen. Ärzte sprechen dann von einer Apophysitis calcanei. Das ist schmerzhaft und muss behandelt werden.

Wie sollten Kinderschuhe generell beschaffen sein?
Sie sollten vorn biegsam sein, das fördert das Abrollen, und hinten einen festen Halt bieten. Und sie sollten natürlich nirgendwo drücken.

Was halten Sie von Turnschuhen, Ballerinas und Sandalen?
Generell gilt das Gleiche wie bei allen anderen Schuhen auch: Sie sollten den Fuß abstützen, und die Ferse darf nicht hin und her rutschen. In den aktuell modischen Stoffschuhen mit Gummisohle ist das Mikroklima nicht gut – atmungsaktive Schuhe sind besser.

Was halten Sie von Schuhen vom Discounter oder aus dem Kaffeeladen?
Auch hier gilt: Hauptsache, sie passen. Man kann nicht sagen, dass teure Schuhe per se gut sind und billige schlecht.

Und das sagen Kinder über ihre Lieblingsschuhe

  • „Ich mag diese Schuhe, weil der Stoff so schön weich ist. Früher hatte ich auch mal Chucks, aber darin taten mir die Füße weh. Die harte Kappe drückte auf meine Zehen. Die sind bei mir ein bisschen nach oben gebogen und brauchen viel Platz. Mit den Turnschuhen von Hummel kann ich klettern, rennen und hüpfen – das ist super. Sie gefallen mir so gut, dass ich gleich zwei Paar davon hab.“

    Mirai, 8, über Turnschuhe von HUMMEL, ab ca. 55 Euro

  • „Die Ballerinas waren ein Geschenk von meiner Oma. Ich mag die Schuhe total gern. Warum? Weil sie Diamanten vorn dran haben, weil grün eine schöne Farbe
    ist und weil sie hübsch zu allen meinen Röcken aussehen. Und weil diese Ballerinas überhaupt schön sind. Nur bequem finde ich sie nicht, aber das ist mir egal.“

    Tomke, 6, über Ballerinas von LURCHI, ca. 50 Euro

  • „Ich liebe Sandalen! Wenn ich dürfte, würde ich sie sogar im Winter tragen, dann halt mit Socken. Nur nicht wenn’s regnet. Die silbernen hier habe ich ganz neu bekommen. Sie sind sehr bequem und glitzern so schön! Wenn es wieder warm ist, ziehe ich sie in die Schule an und zeige sie in der Pause meinen Freundinnen.“

    Antonia, 6, über BIRKENSTOCK Rio in Mirror Silver, ca. 45 Euro

  • „Meine Sandalen habe ich im Sommer eigentlich dauernd an. Die kann man auch ohne Socken anziehen, das gefällt mir besonders gut. Außerdem sind sie bequem,
    und man kann alles damit machen. Sogar Fußball spielen. Auch durch Pfützen laufen funktioniert, weil sie schnell trocknen. Man kann sie auch in die Waschmaschine stecken. Das gefällt meiner Mama.“

    Henri, 10, über Outdoorsandalen von KEEN, ca. 60 Euro

Ist es okay, Schuhe zu vererben?
Zu empfehlen ist das nicht, denn ein guter Schuh passt sich dem Fuß ein Stück weit an. Ein Schuh, der von einem Fuß bereits vorgeformt wurde, kann an einem anderen nicht mehr perfekt sitzen. Wissenschaftliche Untersuchungen gibt es dazu aber noch nicht.

Mit 13, 14 lechzen viele Mädchen nach den ersten Pumps. Ab wann sind diese aus medizinischer Sicht erlaubt?
Die Kombination vorn eng, hinten hoch ist für alle Füße schlecht. Für Kinder und Jugendliche gilt das ganz besonders. Daher sollte man Pumps erst dann tragen, wenn der Fuß ausgewachsen ist. Am besten, Sie lassen das Mädchen zu Hause mal auf Pumps laufen, drehen einen Film und schauen den zusammen an. Da sieht man schon von selbst, wie schwierig das Laufen damit ist.

Wann sind die Füße ausgewachsen?
Man sagt, dass die Füße von Mädchen etwa zwei Jahre nach der ersten Monatsblutung ausgewachsen sind, also durchschnittlich mit 13 Jahren. Bei Jungen etwa mit 15 oder 16. Genauen Aufschluss bringt eine Röntgenaufnahme der nicht dominanten Hand.

Ein Tipp zum Schluss?
Am besten ist Barfußlaufen. Und das nicht nur auf den künstlichen Böden im Haus oder auf dem Spielplatz, sondern auch auf Sand, Gras, Steinen oder Waldboden. Unebene Untergründe reizen den Fuß. Schuhe nehmen alle Reize weg, in der Folge verkümmert die Muskulatur. Alternativ empfehle ich ein regelmäßiges Fußtraining.

Wie sieht das aus?
Zum Beispiel die Zehen zu Krallen einziehen und wieder locker lassen. Dann zunächst im Zehengang vorwärts laufen, anschließend auf den Hacken. Etwa 15 Minuten jeden Tag, das bringt schon viel für die Fußmuskulatur. Auch bei Erwachsenen!



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