Kennen & Können

Wir müssen reden

Ein gutes Verhältnis zwischen Eltern und Schule ist mitentscheidend für den Erfolg eines Kindes. Doch wie eng sollte es wirklich sein?


Ab hier schaffe ich es allein“ – Plakate wie dieses findet man in Deutschlands Grundschulen neuerdings häufiger. Meistens sind sie positiv formuliert, aber ihre Botschaft ist eindeutig: Dieses Schulgebäude ist elternfreie Zone.

„Einerseits verständlich“, findet Maren Kirchgäßner derartige Maßnahmen. Nur zu gut erinnert sich die Grundschullehrerin an überbesorgte Mütter, die jeden Tag vor ihrem Klassenzimmer bereitstanden, um mit ihr „unsere“ Hausaufgaben zu diskutieren. „Andererseits aber vermisse ich bei dieser Lösung die Möglichkeit zu kurzen Gesprächen zwischen Tür und Angel, die es erlauben, Eltern auf lockere Weise kennenzulernen.“

Und seit ihre eigene Tochter zur Schule geht, versteht Lehrerin Maren Kirchgäßner auch die Elternseite besser. „Am Anfang fiel es mir unglaublich schwer, meine Tochter morgens allein die riesige Treppe hinauf ins Klassenzimmer gehen zu sehen“, gesteht sie. „Jetzt weiß ich, wie Eltern sich fühlen, wenn sie einen Teil ihrer Erziehungskompetenz erstmals an Fremde übergeben.“

Für den Lernerfolg eines Schülers – das belegt eine Vielzahl von Studien – ist die Einstellung der Eltern und ihre Anteilnahme am Schulleben des Kindes von allergrößter Bedeutung. Erziehungswissenschaftler sehen die Schule daher in der Pflicht, die Eltern in ihre Arbeit einzubinden – auch über das halbjährliche Elterngespräch hinaus. Wie aber schafft man ein vertrauensvolles, freundliches Klima zwischen Lehrern und Eltern? „Wichtig ist eine Willkommenskultur an jeder einzelnen Schule“, ist etwa Michael Töpler vom Bundeselternrat überzeugt. Da gebe es zum Beispiel sehr engagierte Grundschulen, die sich schon vor der Einschulung um den Kontakt zu Eltern und Schülern bemühten.

7 Strategien für ein erfolgreiches Eltern-Lehrer-Gespräch

  • Schreiben Sie sich vorher auf, worüber Sie mit dem Lehrer sprechen möchten. Auch mögliche Argumente können Sie notieren. Das hilft, das Gespräch sachlich und auf Kurs zu halten!

  • Mag Ihre Kritik an dem betreffenden Lehrer noch so berechtigt sein: Gehen Sie nicht gleich auf Konfrontationskurs. Beschreiben Sie sachlich Ihre Wahrnehmung des Konflikts, und bitten Sie ihn, die Situation aus seiner Sicht zu schildern. Signalisieren Sie Bereitschaft, gemeinsam an der Lösung zu arbeiten.

  • Versuchen Sie, die Sicht Ihres Kindes nicht eins zu eins zu übernehmen. Fragen Sie den Lehrer, wie er Ihr Kind in der Schule wahrnimmt. Und fragen Sie ihn als Experten um Rat, wie sich Leistungen verbessern oder Konflikte lösen lassen.

  • Wenn es ausschließlich um die schulischen Leistungen geht, empfiehlt sich ein Eltern-Schüler-Lehrer-Gespräch. So kann mit dem Kind zusammen eine Strategie oder ein „Vertrag“ erarbeitet werden. Das wirkt manchmal Wunder.

  • Kritik an Charakter oder Aussehen ist absolut tabu. Das gilt für beide Seiten! Halten Sie sich auch zu Hause mit abwertenden Äußerungen zurück.

  • Suchen Sie das Gespräch nicht erst im Konfliktfall. Nutzen Sie die Elternabende, aber auch Ausflüge, Projektarbeiten oder Schulveranstaltungen, um sich gegenseitig kennenzulernen.

  • Gibt es keinerlei Konsens, bleibt nur, den Dissens zu formulieren und sich an die nächste Instanz (Klassenlehrer, Elternbeirat, Schulleitung) zu wenden.

Und im Schulalltag? Grundschullehrerin Maren Kirchgäßner etwa kommuniziert täglich über ein Mitteilungsheft mit den Eltern. Darin werden Lernerfolge, aber auch die Dauer der Hausaufgaben eingetragen. „Ich ermuntere die Eltern außerdem, bei Projekten mitzumachen oder an Ausflügen teilzunehmen. Denn je mehr ich über den Hintergrund eines Kindes weiß, desto besser kann ich es fördern.“

Doch was in der überwiegend konfliktfreien Grundschulzeit meist gut funktioniert, gestaltet sich an den weiterführenden Schulen zunehmend schwierig. Große Klassen und übervolle Stundenpläne lassen den Lehrern meist nur wenig Spielraum. Und auch das Interesse der Eltern am Schulleben lässt mit jedem Schuljahr nach. Gleichzeitig wächst bei den Schülern spätestens in der Pubertät das Bedürfnis, ihre Belange oder Konflikte selbst zu regeln. Manche würden ihre Eltern am liebsten ganz aus ihrem Schul-Kosmos verbannen.

Kinder versuchen durchaus, Eltern zu steuern.Matthias Haehn,Mathelehrer

Matthias Haehn, Schulpsychologe am St.-Anna-Gymnasium in München, empfiehlt den Eltern dennoch, regelmäßigen Kontakt zur Schule und zu einzelnen Lehrern zu halten. „Die Entscheidung darüber sollte nicht den Kindern überlassen sein. Die versuchen nämlich durchaus, ihre Eltern zu steuern“, weiß der Mathematiklehrer aus Erfahrung. Zumindest sollte man ab und zu mal nachhaken: „Du möchtest nicht, dass ich mit dem Lehrer über dich rede? Warum?“ Letztendlich sollten die Erwachsenen aber immer tun, was sie persönlich für richtig halten.

Es sei aber auch Aufgabe der Schule, die Erziehungsarbeit der Eltern zu unterstützen: „Sie sollte einen Rahmen schaffen, der es den Eltern erleichtert, schnell und unkompliziert Kontakt aufzunehmen.“ Haehn selbst gibt den Eltern seiner Schüler seine private E-Mail-Adresse und hat damit „gute Erfahrungen“ gemacht.

Und wenn sich Lehrer und Eltern in einem Konfliktfall gegenüberstehen? Dann wünscht sich der Psychologe manchmal „ein bisschen mehr Distanz“.

Gerade in der Pubertät neigten Schüler zum Dramatisieren. Da sollten Eltern nicht alles für bare Münze nehmen. Sein Ideal: „Dass Eltern und Lehrer die jeweilige Kompetenz und Expertise des anderen anerkennen und sich mit gegenseitigem Vertrauen und Respekt begegnen.“



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