Richtige Reihenfolge:Mit Feedback motivieren - Magazin SCHULE
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Die Macht der Reihenfolge: Mit Feedback richtig motivieren

Lob und Kritik sind wichtig für den Lernfortschritt. Aber in welcher Reihenfolge bringt man positives und negatives Feedback am besten an? Eine wissenschaftliche Studie hat diese Frage beantwortet


Ok, der Textaufbau klappt jetzt schon ganz gut. Aber die Rechtschreibung: immer noch ein Drama! In der Schule liegen Licht und Schatten, Lob und Tadel oft nah beieinander. Wer seiner Schülerin oder seinem Sohn beides deutlich machen möchte, steht immer wieder vor der Frage: In welcher Reihenfolge gebe ich mein Feedback, damit dass das Kind am Lob wächst und an der Kritik arbeitet? Nenne ich das positive Feedback zuerst? Oder doch das negative?

Die Forscherin Lavinia Kinne vom ifo Zentrum für Bildungsökonomik hat diese Frage in einer wissenschaftlichen Studie untersucht. Ihr Ergebnis: Wer es gut meint, nennt das positive Feedback zuerst. Das hebt die Motivation und steigert die Chance auf ein gutes Prüfungsergebnis. Zumindest unter bestimmten Umständen.

Lob und Kritik wirken sich auf unser Selbstbild aus

Feedback spielt beim Lernen eine entscheidende Rolle. Ob im Klassenzimmer oder in anderen Bildungseinrichtungen, ob mündlich oder in Form von Noten und Beurteilungen: Was uns eine Lehrerin oder ein Dozent rückmeldet, bietet uns wertvolle Erkenntnisse über unsere Stärken und Schwächen und hilft uns, unsere Leistung zu analysieren und notwendige Verbesserungen vorzunehmen. Aber noch mehr als das: Feedback beeinflusst gleichzeitig unser Selbstbild. Bin ich gut in Deutsch? Schätzt die Lehrerin meine Leistung? Wie eine Rückmeldung ausfällt, wirkt sich auch unmittelbar auf mein Selbstbewusstsein, meine Stimmung und damit auf meine Motivation aus.

Ja, die Feedback-Reihenfolge spielt eine Rolle

Und weil es beim Feedback eben nicht nur um eine sachliche Analyse von Stärken und Schwächen geht, sondern auch um Motivation, ist es nicht gleichgültig, in welcher Reihenfolge man Lob und Kritik nennt. Um das zu analysieren, hat Forscherin Kinne Studierenden der LMU München in deren regulären Kursen einen zusätzlichen, unbenoteten Test vor der eigentlichen Prüfung angeboten. Gut 200 Studierende nahmen das Angebot an. Diese unterteilte Kinne in drei Gruppen: Die erste erhielt nach dem Test zunächst ein positives Feedback zu den Fragen, die sie gut erledigt hatten, und danach negatives Feedback zu den weniger guten Leistungen. Bei der zweiten Gruppe war es umgekehrt: Sie bekam zuerst das negative und dann das positive Feedback. Die dritte, kleinere Gruppe erhielt zur Kontrolle gar keine Rückmeldung. Alle drei Gruppen füllten zusätzlich Fragebögen aus, um ihre Lernmotivation, ihre Selbsteinschätzung und ihren persönlichen Hintergrund zu erfassen.

Es stellte sich heraus: Der erste Ton macht die Musik. Wer zunächst ein positives Feedback bekam, war daraufhin motivierter, sich weiter anzustrengen und zu lernen – auch wenn darauf noch eine negative Rückmeldung folgte. Ein erstes negatives Feedback hingegen führte zu einer Abnahme der Motivation, die auch nach dem anschließenden Erhalt des positiven Feedbacks anhielt. In der Summe waren dadurch diejenigen Studierenden, die zuerst positives Feedback erhielten, deutlich motivierter als jene, die zuerst negatives Feedback erhalten hatten.

Die gute Nachricht: Feedback wirkt in jedem Fall

Das ist nicht das einzige interessante Ergebnis der Studie. Zusätzlich konnte die Forscherin zeigen, dass das Feedback direkte Auswirkungen auf das Lernverhalten der Lernenden hatte. Studierende, die positives Feedback zu bestimmten Themen erhielten, entfernten diese Themen von ihrer Lernliste, während sie Themen, zu denen sie negatives Feedback erhielten, hinzufügten. Dies deutet darauf hin, dass die Lernenden das Feedback verstanden hatten und als relevant für ihre Lernprioritäten betrachteten.

Allerdings hatte die Feedback-Reihenfolge darauf kaum Auswirkungen – dieses Lernverhalten zeigten die Studierenden aus beiden Feedback-Gruppen. Und auch die tatsächliche Leistung in der finalen Prüfung war weitgehend unabhängig vom Feedback und seiner Reihenfolge. Mit einer Ausnahme allerdings: Wenn das negative Feedbackthema von Studierenden in der letztlichen Prüfung vorkam, waren diejenigen im Vorteil, die zuerst die positive Rückmeldung bekommen hatten. Dies legt nahe, dass die zusätzliche Motivation, die sie durch das positive Feedback erhalten hatten, diesen Studierenden half, sich trotz der Herausforderungen während der Prüfung anzustrengen.

Tipps für Lehrkräfte – und Eltern

Für Lehrkräfte und Eltern bedeutet das: Feedback wirkt – und zwar über die reine Information hinaus. Deshalb lohnt es sich, erst einmal etwas Positives zu betonen, bevor man Kritik übt. Das kann die Motivation der Schülerinnen und Schüler steigern und ihr Lernverhalten positiv beeinflussen.

Wobei das Wörtchen „kann“ durchaus wichtig ist: Jede Schülerin, jeder Schüler ist einzigartig und reagiert möglicherweise unterschiedlich auf Feedback. Und wie Lob und Kritik geäußert werden, hat ebenfalls einen großen Einfluss. Es ist daher ratsam, unterschiedliche Feedbackstrategien zu verwenden und individuell anzupassen.

Hier sind zehn Regeln für gutes Feedback in der Schule:

  1. Sei konkret: Stelle sicher, dass dein Feedback spezifisch und präzise ist, damit die Schülerin oder der Schüler genau weiß, was gut gemacht wurde oder wo Verbesserungsbedarf besteht.
  2. Sei positiv: Betone die Stärken und Erfolge des Kindes, um sein Selbstvertrauen zu stärken und eine positive Lernatmosphäre zu schaffen.
  3. Sei konstruktiv: Gib nicht nur negative Kritik, sondern zeige auch Möglichkeiten zur Verbesserung auf und biete Unterstützung an.
  4. Sei ehrlich: Sei aufrichtig und authentisch in deinem Feedback, damit das Kind das Gefühl hat, dass du wirklich an seinem Fortschritt interessiert bist.
  5. Sei zeitnah: Gib Feedback möglichst zeitnah, damit das Kind den Bezug zu seiner Leistung herstellen kann und es für sie relevant ist.
  6. Sei individuell: Berücksichtige die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schülerin oder des Schülers, um Feedback maßgeschneidert und differenziert anzubieten.
  7. Sei respektvoll: Achte darauf, dass dein Feedback respektvoll und wertschätzend formuliert ist, um das Kind nicht zu demotivieren oder zu entmutigen.
  8. Sei zielorientiert: Verknüpfe das Feedback mit den Lernzielen und -standards, damit das Kind den Zusammenhang zwischen seinem Handeln und den Erwartungen versteht.
  9. Sei transparent: Erkläre klar, wie du zu deinem Feedback gekommen bist und welche Kriterien oder Maßstäbe du verwendet hast.
  10. Sei kontinuierlich: Gib regelmäßig Feedback, um den Lernprozess zu begleiten und das Kind auf seinem Weg zu unterstützen.

 

„Die Macht der Reihenfolge: Mit Feedback richtig motivieren“ – Bild: Freepik – Die „Zehn Regeln für gutes Feedback in der Schule“ wurden mit maschineller Unterstützung erstellt, redaktionell geprüft und redigiert.



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