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„Mir wurde mit Rauswurf gedroht“

Wie war das damals? Entertainerin Fernanda Brandão über frühe Sprachbarrieren und ihre Leidenschaft fürs Tanzen, die sich mit einer soliden Schulkarriere nicht recht vertrug


Fernanda Brandão, nach den ersten neun Lebensjahren in Rio de Janeiro sind Sie mit Ihrer Mutter nach Hamburg gezogen. Wie haben Sie den schulischen Wechsel verdaut?
Ich kam in eine Integrationsklasse, als einzige Südamerikanerin unter Russen, Arabern und Kindern anderer Nationen. Der Unterricht erfolgte auf Deutsch, wir arbeiteten viel mit Bildern. Es war wie Memory spielen.

Aus dem Spiel wurde Ernst, denn Sie gingen auf Empfehlung Ihrer Lehrer aufs Gymna­sium. Wehte da ein anderer Wind?
Das war zu Beginn wirklich hart. Mein Deutsch war okay, aber mir fehlten hinten und vorne die Vokabeln. Ich weiß bis heute nicht, wie ich bei den Schularbeiten zu halbwegs passablen Noten kam. In den ersten beiden Jahren war die deutsche Sprache ein permanentes Handicap. Das Problem hat sich mit der Zeit zwar gelegt, aber meine Aufsätze waren bis zuletzt voller roter Korrekturen wegen der vielen Rechtschreibfehler.

Fernanda Brandao als Kind – Magazin SCHULE
Unverkennbar: Schon die kleine Früher Sinn für gute Posen: Fernanda Brandão, 33, wuchs in Rio de Janeiro auf und kam als Neunjährige nach Hamburg. Schon während ihrer Schulzeit arbeitete sie als Fitnesstrainerin, machte später als Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin Karriere. 2011 saß sie in der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“.

Sind Sie gern zur Schule gegangen?
Klares Nein. Ich hielt die vielen Unterrichtsstunden für verschwendete Zeit, die man weitaus sinnvoller hätte gestalten können. Das habe ich so auch meinen Lehrern mitgeteilt, die meine Einschätzung natürlich nicht teilten. Ich war nicht rebellisch, aber ein kritischer Geist, der nicht alles hinnehmen wollte. Meine Mutter musste sich beim Elternsprechabend anhören, dass aus mir wohl nie etwas Ordentliches werden würde.

Wofür konnten Sie sich dann begeistern?
Tanzen und nochmals tanzen. Ich habe mit Jazzdance angefangen. Als sich meine Mutter die Stunden nicht mehr leisten konnte, sorgte meine Tanzlehrerin dafür, dass ich ein Stipendium bekam. Mit 16 Jahren wurde ich die jüngste diplomierte Fitnesstrainerin in Deutschland. Zeitgleich wurde mir der Schulrauswurf angedroht, ein halbes Jahr vor der mittleren Reife.

Wieso das denn?
Ich war ständig unterwegs zu ­Trainingslehrgängen und als Fitnesstrainerin gut gebucht. Da kamen viele Fehlstunden in der Schule zusammen. Ich sagte zu meiner Direktorin: Passen Sie auf, Sie wollen mich loswerden, ich will auch raus hier. Lassen Sie uns das bis zum Ende des Schuljahres noch gemeinsam durchziehen. Und so war es dann auch.

Wie hat Ihre Mutter auf Ihre Alleingänge reagiert?
Sie stand prinzipiell hinter mir. Sie ist selbst Schauspielerin und konnte gut nachvollziehen, dass ich mich auf meine Weise verwirklichen will. Sie hat immer an mich geglaubt und letztendlich auch alle meine Entschuldigungen für die Schule geschrieben.

Waren Sie so überhaupt in die Klassen­gemeinschaft integriert?
Eher nein, und das lag nicht nur an meinen vielen Abwesenheiten. Ich hatte damals als Einzige ein Handy, hatte Geld, tolle Klamotten und so etwas wie eine Karriere. Das wurde von meinen Mitschülern missgünstig beäugt.

Bereuen Sie heute, dass Sie die Schule ­haben schleifen lassen?
Grundsätzlich nein, ich sehe meine Entscheidungen nicht als Fehler an. Aber irgendwann würde ich gern studieren. Vorbild ist meine Mutter, die mit 48 Jahren ein Studium der Sozialwissenschaften angefangen hat.

Foto: Puma; Fernanda Brandão



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